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ARCHIVO F.X. / Pedro G. Romero

11.2.2012 - 29.4.2012


Württembergischer Kunstverein Stuttgart
Schlossplatz 2
70173 Stuttgart
Deutschland

Ausstellungsdauer
11.2.2012 - 29.4.2012


EINFÜHRUNG

Vom 11. Februar bis zum 29. April 2012 zeigt der Württembergische Kunstverein das Projekt Archivo F.X. des spanischen Künstlers Pedro G. Romero.

Das Projekt basiert auf einem von Romero seit 1999 zusammengetragenen Archiv (siehe: http://fxysudoble.com), das in über tausend „Akten“ die Geschichte(n) des antiklerikalen Ikonoklasmus in Spanien mit internationalen Positionen der Avantgarde verknüpft. So wurde jedes einzelne Bilddokument, das hier zum Bildersturm zu finden ist, unter dem Namen eines Künstlers, einer Kunstbewegung, Institution oder eines Werks der Avantgarde verschlagwortet. Jede Akte enthält zudem Textfragmente unterschiedlicher Herkunft, die sich abwechselnd auf den im Bild dokumentierten ikonoklastischen Vorfall und den im Schlagwort benannten Autor bzw. Werktitel beziehen – und dabei weitere, überraschende Assoziationsketten erzeugen.

Aus diesem sich ständig erweiternden Pool entwickelt Romero verschiedene Formen der Aufführung des Archivo F.X., die von Publikationen über multimediale Objekte bis hin zu komplexen Ausstellungschoreografien reichen. Dabei wird auch der inhaltliche Bezugsrahmen immer wieder neu ausgerichtet: nach Aspekten wie Stadt, Gemeinschaft, Wissen oder Ökonomie.

In Form einer begehbaren Montage - bestehend aus Textcollagen, Bildern, audio-visuellen Dokumenten, Objekten und Artefakten unterschiedlichster Art – verknüpft das Archivo F.X. das scheinbar Unvereinbare miteinander. Dabei setzt es einen beständigen Prozess der Neuordnung der Dinge in Gang: der Neubetrachtung bestehender Verhältnisse, die buchstäblich zum Tanzen gebracht werden.

Romeros Projekt geht somit weit über eine bloße Gegenüberstellung von konkreten Beispielen ikonoklastischer Übergriffe und radikalen künstlerischen Praktiken hinaus. Vielmehr nimmt er diese zum Anlass einer weitverzweigten Relektüre politischer, ideologischer und ästhetischer Diskurse.

Das Archiv begreift er dabei – auch in Rückbezug auf Walter Benjamin (Passagen-Werk), Aby Warburg (Mnemosyne-Atlas) oder Georges Bataille (Documents) – als Maschine, die den Prozess der De- und Rekontextualisierung, der Neuordnung der Dinge immer wieder erneut in Gang setzt.


AUSSTELLUNG

Die eigens für den Württembergischen Kunstverein konzipierte Inszenierung des Archivo F.X., die in enger Zusammenarbeit mit Romero sowie dem Kurator Valentín Roma entwickelt wurde, ist gleichermaßen als Gedächtnistheater, Archiv und imaginäres Museum angelegt. Dabei kreist sie im Schwerpunkt um die Beziehungen zwischen Ikonoklasmus und Avantgarde, Säkularisation und Ökonomie, Geld und dem Heiligen. So treffen geplünderte Kirchen, zerstörte Heiligenfiguren oder zu Waffen umgeschmolzene Kirchturmglocken auf Hugo Ball, Valie Export oder Joseph Beuys. Eine Münze, auf der das Wort „katholisch“ entfernt wurde, stößt auf Anti-Globalisierungsgegner. Eine Maschine, die Fünf-Cent-Stücke in Heiligenbilder verwandelt, trifft auf den französischen Philosophen Georges Bataille. Und Banknoten, die eigens gedruckt wurden, um die Änderung von vormals christlich geprägten Städtenamen zu verbreiten, werden mit Marcel Duchamp, Cildo Meireles oder Salvador Dalí in Verbindung gebracht. Hintergrund der antiklerikalen Aktivitäten, die hier aufgegriffen werden, waren die gesellschaftlichen, politischen und ideologischen Konflikte Spaniens in den 1930er Jahren, die schließlich im Bürgerkrieg kulminierten.

Akten, Thesauren, theatrale Anordnungen
Ausgangspunkt der Ausstellung sind drei Thesauren, die jeweils eine Auswahl der Akten des Archivo F.X. unter bestimmten Aspekten zusammenfassen, wie etwa politische Ökonomie, „Falschgeld“ oder deutschsprachige KünstlerInnen aus dem katholischen Süden. Hinzu kommen verschiedene „theatrale Anordnungen“, die einzelne Akten wiederum in Installationen übersetzen. So wird von einem Film der spanischen Anarchisten, den Romero mit Karl Max’ Schrift Das Kapital verknüpft, im Verlauf der Ausstellung jedes einzelne Filmstill ausgedruckt. Die Installationen zu den Akten „Hugo Ball“ und „Emmy Hennings“, die im Rahmen der Ausstellung neu entstanden sind, bestehen wiederum aus zwei Musikstücken: Die berühmten Flamenco-SängerInnen Inés Bacan und Thomás de Perrate tragen hier ihre Interpretationen von Gedichten der beiden SchriftstellerInnen, wie etwa Balls Die Karawane, vor.

Joseph Beuys, Dada, Alexander Kluge
Einen besonderen Dialog stellt die Ausstellung zu den KünstlerInnen Hugo Ball und Emmy Ball-Hennings, Joseph Beuys und Alexander Kluge her. Ihren Werken sind drei Räume gewidmet, die formal auf den „Salon d’Or“ (Ball / Ball-Hennings), den „White Cube“ (Beuys) und die „Black Box“ (Kluge) verweisen. Dabei handelt es sich allerdings um drei nur in Ausschnitten vorhandene Räume, die über die reale Architektur hinausweisen, das heißt als imaginäre Räume fortgesetzt werden. An die Ränder des Ausstellungsraums gerückt, geben sie dessen Zentrum frei, das wiederum in eine Backstage-Situation verkehrt wird, in der die verschiedenen Materialien – Objekte, Texte, Bücher, Bilder, Installationen etc. – des Archivo F.X. zu finden sind.

Wirtschaft, Ökonomien, Konjunktur
Die Ausstellung nähert sich dem Begriff der Wirtschaft aus unterschiedlichen Richtungen an, die vom populären Sprachgebrauch (z.B. im Sinne der Sparsamkeit) bis zu den Terminologien der politischen Ökonomie reichen. Ökonomie wird dabei nicht nur als Austausch von Werten verhandelt, sondern auch im Sinne einer grundsätzlichen Aufteilung der Dinge in der Welt und der damit einhergehenden Ein- und Ausgrenzungen.

Weitere Informationen
www.wkv-stuttgart.de
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